OMA NIKOLAUS ODER: DER WUNDER-
SAME WEIHNACHTSMANN
Ich glaube, Kindern prägen sich besondere Ereignisse und
die damit verbundenen Erinnerungen tiefer ein als solche in
späterer Erwachsenenzeit. Das heißt gewiss nicht, dass
mir heute – mit 32 – nichts Denkwürdiges mehr begegnet,
jedoch als kleiner Junge nimmt man die Geschehnisse wohl
um einiges wichtiger … gute wie schlimme.
Ich muss so vier oder fünf gewesen sein und lebte mit
Mutter und Oma bei meiner Tante und ihrer Familie auf
einem kleinen Bauernhof. Am Morgen des 24. Dezember
ergriff eine geschäftige Unruhe das Haus und seine weibli-
chen, erwachsenen Bewohner. Ich wurde samt Cousin und
Cousinen resolut aus Wohn- und Küchenräumen vertrieben,
der Onkel verzog sich murrend in den Stall zu seinen
Kühen, und auch Bärchen, der Hofhund, flüchtete verwirrt
in seine Hütte.
Da wir Kinder nichts Besseres zu tun hatten, standen wir
auf der Diele und redeten uns die Köpfe heiß, diskutierten
über den Wahrheitsgehalt von Christkind-, Osterhas- und
Nikolaus-Existenz und wogen die Möglichkeiten der even-
tuell zu erwartenden Weihnachtspräsente ab!
Als die Cousinen sich wie immer heftig in die Haare gerie-
ten, welche von ihnen denn wohl – gemessen am jährlichen
Betragens-Konto – den schönsten und größten
Kaufmannsladen unter dem Tannenbaum finden würde, zog
mich mein Cousin am Arm und bedeutete mir durch einen
Wink und ein verschwörerisches „Psst!“ mitzukommen. Er
flüsterte mir zu, dass er durch genaue Beobachtung und
nach eingehender Erkundung wisse, wo man die diesjähri-
gen Geschenke für uns Kinder gehortet habe, und er kenne
seit gestern auch den Aufbewahrungsort