ERINNERUNG
AN DEN 25. TODESTAG DES
JUISTER MALERS UND GRAFIKERS ALF DEPSER
An ihn denke ich oft
der eingepuppt in seinem
unterm Wind kauernden Haus
sein Fernweh dem Papier
anvertraut,
so behutsam, dass er sich
mit einem verlorenen
und wiedergefundenem Blick
von neuem verletzt.
Manchmal bricht er auf,
setzt sich aufs Moped,
das er reitet wie
ein kleines, störrisches Pferd,
und besucht
seine zeichnenden Freunde
Dürer und Althofer,
sieht ihnen nicht
über die Schulter,
sondern auf die Finger,
erzählt von der Möweninsel,
den tausenden
fliegenden Strichen,
sammelt die Reste
der alten Welt ein,
erträgt die neue nur mit Mühe
und kehrt mit vielerlei
Schriften zurück:
denen des Himmels,
der Wellen,
der Gräser,
des Horizonts,
der Vögel und
der Menschen,
und bringt sie
in seinem Heimkehrertraum
durcheinander.
Er könnte erzählen.
Zwischen den Blättern
seiner Malbücher
sind ungezählte Stimmen
gepresst,
die nachts reden,
sich ins Wort fallen,
das Vergessen aufhalten.
So lebt er und hat gelebt.
Zwei Schritte hinter der Zeit
und ihr dennoch voraus.
Peter Härtling
