Strandlooper - Inselgeschichten von Juist - page 21

Inselgeschichten
sie bislang alle Strapazen hatte überstehen lassen. 17 von
ihnen starben allein im Jahr 1945 und fanden ihre letzte
Ruhestätte auf dem Juister Dünenfriedhof.
Am 15. Mai kam eine Sonderausgabe des Ostfriesischen
Kuriers auf die Insel mit den wichtigsten Gesetzen und
Anordnungen des Alliierten Oberkommandos in englisch
und deutsch:
- Bedingungslose Kapitulation Deutschlands
- Abgabe aller in deutschem Besitz befindlichen Waffen
- Abtransport des deutschen Militärs zum Festland
- Verbot des Hitlergrußes
- Ausgehverbot für Deutsche von 21:30 Uhr bis
6:00 Uhr
- Einstellung der Passagierverbindung zum Festland,
befristet bis Monatsende
Von deutscher Seite wurden stillschweigend die
Straßenbezeichnungen mit den Namen von Nazigrößen ent-
fernt und durch die ursprünglichen Schilder, die ein alter
Juister im Keller versteckt hatte, ersetzt.
Am 8. Juni erschien statt des Ostfriesischen Kurier die
„Neue Oldenburger Presse“ als Organ der Militärregierung.
Einen Tag später, am 9. Juni 1945, besuchte der englische
Befehlshaber für Ostfriesland die Insel. Zwei Tage danach
mussten alle Fotoapparate und Ferngläser abgegeben wer-
den. Am 12. Juni erhielt Juist endlich wieder elektrischen
Strom, allerdings rationiert von 12:30 Uhr bis 17:00 Uhr.
Am 19. Juni kehrte der bis 1933 tätig gewesene
Bürgermeister Max Janssen in sein Amt zurück, allerdings
übte er es nur bis zum Jahresende 1945 aus, dann ließ er
sich beurlauben und anschließend pensionieren. Sein
Nachfolger wurde der Hotelier Wilhelm Bracht.
Mittlerweile mehrten sich die Schwierigkeiten bei der
Versorgung der Inselbevölkerung mit Lebensmitteln und
Waren des täglichen Bedarfs, die immer knapper wurden
und so kam es zwangsläufig zu Spannungen zwischen
Einheimischen und Flüchtlingen, da die Vorräte ja geteilt
werden mussten. Grundsätzlich behielt man das System
der Lebensmittelkarten aus der Kriegszeit bei. Jeder hatte
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