Seite 109 - sommer-2011

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Inselgeschichten
Bereits im 16. Jahrhundert galt Juist als Pferdeinsel.
Besonders Graf Enno III. aus dem Hause Cirksena, der von
1599 bis 1625 regierte, hielt dort einen Teil seines
Gestüts, das aus bis zu 70 Tieren bestand. 1628 hob man
die Pferdezucht auf Juist auf, da die Weideflächen immer
mehr versandeten.
Zahlreich waren die Schiffsstrandungen vor Juist. Die
gefährlichen westwärts gelegenen Riffe wurden immer
wieder zur tödlichen Falle für Schiffe, die die Osterems
befuhren oder den Seeweg parallel zu den ostfriesischen
Inseln nutzten. Schiffsstrandungen waren für die zum Teil in
großer Armut lebende Inselbevölkerung eine willkommene
Gelegenheit, sich durch Bergung von Ladungsteilen kleine
Verbesserungen ihrer wirtschaftlichen Notlage zu verschaf-
fen. Dass es dabei nicht immer legal zuging, nahm man in
Kauf.
Die auch heute immer noch bestehende starke
Tideabhängigkeit des Schiffsweges vom Festland zur Insel
beeinträchtigte in früherer Zeit das Leben der
Inselbevölkerung erheblich. Kontakte zur Außenwelt, beson-
ders zu den hinter einem schützenden Deich lebenden
Festländer war schwierig, und es gab Menschen, die in
ihrem ganzen Leben die Insel noch nie verlassen hatten.
Besonders problematisch waren die Herbst- und
Wintermonate, wenn Stürme, Nebel und Eis die Schifffahrt
unmöglich machten. Daraus entwickelten sich bei manchen
Insulanern Verhaltensweisen wie Eigenbrötelei,
Verschlossenheit und nicht selten ein Hang zur
„Spökenkiekerei“ und zum „Vörloop“. Darunter versteht
man die Fähigkeit, bestimmte Anzeichen für bevorstehende
Strandgut spielte eine wichtige
Rolle für das Überleben der
Menschen