2007





Juister Straßennamen (3)

Immer häufiger wird von Juistgästen die Frage nach Herkunft und Bedeutung verschiedener Straßennamen auf unserer Insel gestellt. Aber auch manche Einheimische wissen mit Namen wie „Diekskant“ oder „Karl-Wagner-Straße“ nicht viel anzufangen. Der Strandlooper hat deshalb mit einer Serie begonnen, in der in lockerer Folge diejenigen Straßen vorgestellt werden, für deren Namensgebung entweder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder besondere inseltypische Gegebenheiten Anlass waren.
Hugo-Droste-Straße
Was die Juister bewogen hat, sich im ersten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts gleich drei ortsfremde ehemalige Offiziere als hauptamtliche Bürgermeister und Kurdirektoren auf die Insel zu holen, ist rätselhaft.

- Leutnant a. D. Moeger: 1902 - 1907
- Major a. D. Hugo Droste: 1907 - 1922
- Rittmeister a. D. Böckler: 1922 - 1928

Offenbar waren die Herren verwaltungskundig und genossen in der Zeit von Kaiser Wilhelm II. sowie in der sich anschließenden so genannten Weimarer Republik hohes Ansehen.
Major a. D. Hugo Droste brachte es immerhin auf 15 Dienstjahre, die geprägt waren von großen politischen aber auch wirtschaftlichen Veränderungen. Er ist der Einzige, den die Nachwelt der Ehrung durch eine Straßenbenennung für würdig befand, und deshalb soll sein Wirken ein wenig beleuchtet werden.
Juist steckte Anfang des 20. Jahrhunderts mitten in der heißen Entwicklungsphase zum Nordseebad. Die ersten großen Hotels wie Claassen (heute: Achterdiek), Fresena (heute: Strandburg), Itzen (später: Bracht, heute: Atlantic), Rose (heute: Nordseehotel) Kurhaus, Pabst, Friesenhof, Worch entstanden ebenso wie renommierte Logierhäuser. Bürgermeister Droste stellte die Weichen für eine erste Bauleitplanung, die zum heutigen Verlauf der Wilhelm-, Mittel- und Friesenstraße führte.
Bereits ein Jahr nach Drostes Amtsantritt erhielt Juist eine Wasserleitung mit dem späteren markanten Maschinenhaus hinterdem heutigen Alten Warmbad.







Im gleichen Gebäude entstand 1910 ein Elektrizitätswerk. Die zentrale Trinkwasserversorgung, die 2007 einhundert Jahre besteht, nahm damit ihren Anfang. Außerdem errichtete die Gemeinde an der Mittelstraße ein neues Lehrerwohnhaus. An seiner Stelle steht heute die Feuerwehrzentrale.
Durch geschicktes Verhandeln gewann Droste das Vertrauen des Kommerzienrates Giradet, eines wohlhabenden Geschäftsmannes aus dem Rheinland, der sich einige Jahre zuvor westlich des Kurhauses eine prächtige Villa errichtet hatte (heute: Hotel Juister Hof). Giradet förderte den Bau eines 21 Meter hohen Turms für die evangelische Inselkirche durch großzügige Zuschüsse und Darlehen. Außerdem stiftete er der Kirchengemeinde zwei Glocken.
Unter Drostes Aegide konnte sich die ständig vergrößernde katholische Gemeinde 1910/11 an der Dünenstraße ein eigenes Gotteshaus errichten.
Das gesellschaftliche Leben des aufstrebenden Nordseebades Juist während der Amtszeit Drostes wurde wesentlich mitgeprägt durch den mehrfachen Besuch des Königs von Sachsen sowie einer großen Anzahl von Familien aus dem deutschen Adel, wie die Hauschroniken Juister Hotels und Pensionen heute noch ausweisen. Auch die Gründung verschiedener, vaterländisch geprägter Jugendorganisationen wie die Rote Kompanie der Gebrüder Schieß und die Weiße Kompanie von H. M. Giebel trugen viel zur Veranstaltung von festlichen Zusammenkünften unterschiedlicher Art bei. Eine wichtige Rolle spielte auch Drostes Frau, die Vorsitzende des vaterländischen Frauenvereins war.








Eine schwere Herausforderung für die Insel und ihre Bevölkerung begann sich abzuzeichnen, als um 1900 der Strand vor dem Kurhaus in einer Länge von mehr als zwei Kilometern immer schmaler wurde und die Dünenkette zunehmend abbrach. Ursache war der sich verlagernde Gezeitenstrom und die Veränderung der Strandriffs. Bürgermeister Droste verhandelte mit den 


    


für Küstenschutz zuständigen Behörden und erreichte die Genehmigung und Finanzierungszusage zum Bau verschiedener Buhnen senkrecht zum Strand sowie einer steinernen Strandmauer. Bereits 1913 begann der Bau, der sich über den gesamten Ersten Weltkrieg hinzog. Da viele Männer damals Soldat werden mussten, waren es hauptsächlich Juister Frauen, die die körperlich schwere Arbeit zu leisten hatten. Als die zwei Kilometer lange Strandmauer mit der imposanten
Freitreppe am Kurhaus 1920 fertig war, veränderte sich der Gezeitenstrom abermals, brachte reichlich Sandzufuhr und ließ den Strand ständig breiter werden. Es dauerte gar nicht lange, bis das 1 Million










Goldmark teure Bauwerk zu versanden begann und bald nicht mehr sichtbar war. So ist es bis heute geblieben.
Eine weitere segensreiche Tat während der Amtszeit von Bürgermeister Droste war der Bau des ersten Süddeiches vom heutigen Inselhospiz bis zum Hotel Westend. Nach dem Ersten Weltkrieg herrschte überall im Lande ein akuter Mangel an Buntmetallen (z.B. Kupfer und Zinn), aus denen üblicherweise Kleinmünzen im Wert von 1-, 5-, 10- und 50- Pfennigen sowie 1-, 2- und 5-Mark-Stücken geprägt werden konnten. Um den Geldverkehr nicht völlig zum Erliegen zu bringen, erhielt jede Gemeinde die Genehmigung zur Heraus
gabe von eigenem Notgeld  


    


aus Papier. Von Juist liegen uns noch einige Originale aus der damaligen Zeit vor, die alle die Unterschrift von Bürgermeister Droste tragen.
Im Zusammenhang mit der Bebauung des Juister Ostdorfes schuf man in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Verbindungen zwischen
Dünen-, Mittel- und Wilhelmstraße. Die dritte von Westen her gezählt erhielt den Namen Hugo-Droste-
Straße.

Text und Repros: Hans Kolde