Gerhard Nieter 
- 50 Jahre Kunstschaffen auf Juist-

 Da lebt ein Mann länger als 50 Jahre auf Juist, blickt auf ein erfolgreiches und vielgestaltiges Kunstschaffen zurück und bleibt
doch mit seinem künstlerischen Lebenswerk den meisten Mitbürgern unbekannt. Grund genug, ihn zu seinem 85. Geburtstag am 26. Okt. 1999 mit einer Retrospektive zu ehren. Geboren wurde Gerhard Nieter in Lautenthai/Harz. Schon in jungen Jahren empfand er Lust am Malen und Zeichnen, so dass der Weg zur Kunstakademie in Halle-Giebichenstein eigentlich eine Selbstverständlichkeit war. Dort erhielt er eine solide Ausbildung in verschiedenen künstlerischen und kunsthandwerklichen  Bereichen, wobei die alten Techniken des Emaillierens und Silberschmiedens eine herausragende Rolle spielten. Letztere führte z.b. zu Nieters Qualifikation durch die Gesellenprüfung. Eine Silberkassette mit Bernstein- und Emailleeinlagen, trug ihm auf einem internationalen Wettbewerb der Deutschen Gesellschaft für Goldschmiedekunst den zweiten Preis und 1936 ein Stipendium an der Hochschule für Bildende Kunst in Berlin ein.
Obwohl Gerhard Nieter bereits 1939 als Soldat in den Zweiten Weltkrieg ziehen musste, erhielt er in den vierziger Jahren noch einmal die Gelegenheit zu einem zweisemestrigen Fortbildungsstudium. Kriegserlebnisse, besonders in Russland, hinterließen schmerzlich Eindrücke, die in zahlreich Plastiken zum Ausdruck kamen. Während seiner dreijährigen Kriegsgefangenschaft in Frankreich lernte er einen französischen Adeligen kennen, der seine künstlerische Begabung erkannte und ihm ein kleines Atelier zur Verfügung stellte. Auf diese Weise entkam er der gefährlichen Arbeit in einem Minen-Räumkommando, dem er eine Zeitlang angehörte.
1948 folgte Nieter dem Ruf der Künstlergemeinde auf Juist, die sich im Ostdorf/Weberhof angesiedelt hatte. Ähnlich der frühen Künstlervereinigung Worpswede oder Martin Luserkes Juister Schule am Meer versuchten hier Menschen, in einer besonderen Art von Lebens -und Arbeitsgemeinschaft nicht nur zu gemeinsamen künstlerischen Ausdrucksformen zu gelangen, sondern auch Antworten auf die vitalen Fragen der Daseinsbewältigung nach dem verlorenen Krieg zu finden. Dort lernte Nieter seine Frau Renate kennen, die eine Lehre als Hand- und Bildweberin machte und seine künstlerischen Neigungen teilte. Gerhard Nieter arbeitete zunächst als  Silberschmied, wobei er viele Anregungen aus dem natürlichen Umfeld der Insel bezog. Seine faszinierenden Silberfassungen von Muscheln und Schnecken seien hier ebenso genannt wie seine Emailleschalen. Nach Auflösung der Werkstättengemeinschaft gründeten Nieters, die 1950 heirateten und drei Söhne bekamen, eine eigene Werkstatt für "Individuallisten". Zunächst in der Wilhelmstrasse 12 (heute Firma Poppinga.)Nachdem der Kauf des Hauses scheiterte, erwarben Nieters das Haus Wilhelmstrasse 10 und richteten dort ihre Künstlerwerkstatt mit dem Markennamen' "N" ein. Doch vorher waren lange Verhandlungen mit der Handwerkskammer zu führen und viele bürokratische Hindernisse zu überwinden.

Hans Kolde

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