Allerlei über Willy Troltenier 
- zum 100. Geburtstag
Willy Troltenier- mit dem Namen dieses Mannes, der am 12. August 1899 in Elbingerode(Harz)geboren wurde, verbinden sowohl Gäste als auch die Juister Bevölkerung ein Stück Inselgeschichte. Für die einen ist er vor allem derjenige, dem sie den überaus beliebten. Dia-Vortrag „Allerlei über Juist" verdanken, für die anderen ist er in erster Linie der „Schoolmeester" - noch im guten alten Sinne- , der jeden kannte und während dessen mehr als dreißigjähriger Lehrertätigkeit auf Juist es nicht selten vorkam, dass er bereits den Eltern seiner ABC-Schützen das Lesen und Schreiben beigebracht oder ihnen die Ohren langgezogen hatte. Er war mit Leib und Seele Erzieher, und so ist es nicht verwunderlich, dass sein intensives pädagogisches Wirken sich mehr und mehr über die Grenzen des Schulzimmers hinaus erstreckte. Vorbild und Hilfe bei seiner Erziehungsarbeit war ihm der große Pädagoge Pestalozzi. Willy Troltenier war einer der immer seltener werdenden Lehrer, die durch eine ausgereifte Persönlichkeit und durch eine sich an der Wirklichkeit orientierende Pädagogik nicht nur den Kindern in der Schule, sondern ebenso von den Bürgern der Gemeinde hoch geachtet wurden.
Wie intensives pädagogisches Wirken nicht auf die Schule beschränkt bleibt, und eine immense Breitenwirkung erreichen kann, hat uns Willy Troltenier mit seinen Vorträgen „Allerlei über Juist" gezeigt.
Nach dem 2. Weltkrieg hatte die Juister Schule mit ungeheuren Schwierigkeiten zu kämpfen. Über 260 Kinder wurden in zwei, später drei Klassenräumen unterrichtet. Schulbücher und Arbeitsmaterial gab es nicht. Schulmeister Troltenier ergriff die Initiative. Für Heimatkunde z.b. sammelte er alles Material, welches die Juister vom Dachboden oder aus dem Keller holten. Postkarten, alte Fotos, Reiseführer aus vergangenen Tagen wurden unter das Epidiaskop gelegt, hinzu kam die lebendige Erzählkunst unseres Schulmeisters, und so entstanden die heimatkundlichen Vorträge. Jahre lang profitierten die Kinder von den immer umfassender werdenden Ausführungen in den Unterrichtsstunden. Dann kam die Einladung, auch einmal vor den Kurgästen einwenig über die Juister Geschichte zu plaudern. Es wurde ein großer Erfolg, der sich in den folgenden Jahren öfter und öfter wiederholte. Bis „Allerlei über Juist" aus dem Programm der Kurverwaltung nicht Mehrwegzudenken war. Er war einer der wenigen Menschen, der die Kunst des Erzählens noch meisterhaft beherrschte. Im Herbst 1933 kommt Willy Troltenier mit seiner Frau und zwei Kindern nach Juist. Am 1. November 1933 übernimmt er die Stelle des 1. Lehrers, des Organisten und des Berufsschullehrers. Auf Juist fühlt sich die Familie bald zu Hause. Zu den Juistern, die Fremden gegenüber meist sehr distanziert bleiben, findet er erstaunlich schnell Kontakt 1936 gibt es noch einmal Nachwuchs bei den Trolteniers, Tochter Helga wird geboren. Er gründet den Luftschutzbund und engagiert sich stark für den zivilen Schutz der Bevölkerung. Eine Wetterstation errichtet und beobachtet er mit seinen Schülern. In dieser Zeit entwickeln sich Kontakte zu Dr. Otto Leege, Jan van Diecken und Fritz Hafner.  Durch diese Persönlichkeiten wird sein heimatkundliches Interesse intensiviert. Nachdem er schon im 1. Weltkrieg gedient hatte, wurde er auch nun im August 1939 eingezogen. Während des Krieges lernt er viele Fronten kennen- vom Frankreichfeldzug über den Russlandfeldzug, bis er 1944 die Invasion an der Atlantikküste miterlebt. Erwird mit dem „Eisernen Kreuz" l und II ausgezeichnet und landet schließlich verwundet in englischer Gefangenschaft aus der er vorzeitig wegen Krankheit 1946 entlassen wird. Auf Juist findet er nicht nur eine chaotische Schulsituation, sondern auch große soziale Probleme vor.  Über 260 Kinder müssen in zwei Schulräumen unterrichtet werden. Die vielen Flüchtlinge, die in den Hotels und Pensionen untergebracht sind, bringen persönliche Probleme mit, die materielle Not ist groß und die Eingliederung in die Dorfgemeinschaft in kurzer Zeit kaum möglich. So beginnt eine schwere Zeit für unsern Schulmeister. Zuerst besorgt er eine Militärbaracke, damit einwenig Luft in die überfüllten Klassenräume kommt, dann sorgt er für eine Schulspeisung. Langsam verbessern sich die Verhältnisse. Volksschullehrer Troltenier unternimmt mit seinen Klassen viele Ausflüge aus Festland. Er bereist nicht nur sehenswerte Stätten der näheren Heimat, sondern sogar den Rhein geht es hinauf. Wie notwendig sind doch solche Reisen unter der Leitung von Pädagogen für die Juister Kinder. Es ist äußerst wichtig den persönlichen Erlebnisbereich durch Gemeinschaftsreisen auszuweiten, denn den Kindern jener Zeit sind auf der Insel geographisch enge Grenzen gesetzt. Mit großem Geschick besorgt er Zuschüsse für diese Reisen.
Durch sein Bemühen wird auf Juist, als niedersächsischer Schulversuch, ein differenzierter Mittelbau eingeführt. Damit wollte er den Juister Kindern nach der 8. Klasse den Besuch einer weiterführenden Schule ermöglichen. Die Klassen 5 bis 8 werden differenziert unterrichtet ( Volks- und Realschule und Gymnasium.) Bald darauf erreicht er als Krönung seiner schulischen Laufbahn die Anerkennung eines Realschulzuges für die Inselschule. Er wird Realschulrektor. Daneben hält er mit ständig wachsendem Erfolg seine Vorträge innerhalb des Kurprogramms. 1965 wird er pensioniert. Erwidmet sich nun intensiv seinen heimatkundlichen Studien- es entsteht das wohl ausführlichste Buch über unsere Insel: „Juist- gestern und heute", welches 1971 erscheint.
1974 erhält er für seine Verdienste um die Heimatforschung das Niedersächsische Verdienstkreuz am Bande. Aktiv ist er weiterhin im Heimatverein tätig, er kümmert sich um die Theater- und Trachtengruppe und gründet 1968 den Förderkreis der Inselschule. Er wird 1975 durch Krankheit und 1976 endgültig durch den Tod aus einem aktiven Leben gerissen, in dem viele Pläne nicht mehr verwirklicht werden konnten.

Quelle: Seehund 77 Bernd Bunk

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