Ausbildung
auf Juist
Für
den Juister Schulabgänger gibt es mehrere Möglichkeiten seine
Ausbildung fortzusetzen! Besuch einer weiterführenden Schule auf dem
Festland, eine Berufsausbildung auf dem Festland oder eine Berufsausbildung
auf Juist. Der Weggang zum Festland bedeutet natürlich auch der Auszug
aus dem Elternhaus, zumindest innerhalb der Woche, da die Tideabhängigkeit
unserer Insel keine tägliche Fahrt zum Festland zuläßt.
Damit verbunden ist auch die Unterkunftssuche für die Jugendlichen,
die Suche nach einem Zimmer oder einer Wohnung zur Miete. Das ist finanziell
nicht immer ganz einfach und außerdem wollen die Eltern ja auch sicher
sein, daß ihre Kinder gut untergebracht sind. Für die Familien
bedeutet das natürlich eine große Umstellung! Die Jugendlichen
werden sehr früh „gezwungen“ allein zurechtzukommen. Vielfach werden
auch Zimmer mit Familienanschluß gemietet, damit die Eltern sicher
sein können, daß zumindest die Mahlzeiten und das nächtliche
Leben weitgehend geregelt sind. Am Wochenende zieht es die jungen Leute
natürlich wieder auf die Insel. Allerdings sehen die Eltern (insbesondere
die Mütter) sehr wenig von ihnen, oft nur den Berg dreckiger Wäsche,
der bis zum nächsten Tag wieder sauber sein soll. Ansonsten trifft
man sich mehr mit seinen „alten" Klassenkameraden um zu erfahren, wie es
denen so ergeht! Es gibt natürlich immer wieder Jugendliche, die diesen
Hang zur Insel nicht haben. Diese sieht man dann nicht mehr so oft und
dann immer weniger. Es ist allerdings schon oft passiert, daß nach
langer Abwesenheit der ein oder andere mit Familie ganz nach Juist zurückkam!
Bei der Berufswahl bekommt der Schulabgänger Hilfe durch einen Berufsberater
des Arbeitsamtes Norden. Dieser ist genau über das Ausbildungsplatzangebot
auf Juist informiert.
Auf Juist kann man einige
Handwerksberufe (z.B. Maurer, Zimmermann, Dachdecker, Elektriker) erlernen.
Doch vor der Ausbildung ist ein einjähriges Berufsgrundbildungsjahr
(BGJ) Pflicht. Dieses kann auch nur auf dem Festland absolviert werden,
da es auf Juist keine berufsbildende Schule mehr gibt. Der größte
Ausbildungsplatzanbieter ist natürlich die Hotelerie und Gastronomie.
Koch, Hotelfach- oder Restaurantfachleute, Hotelkaufleute sind die Ausbildungsberufe.
Seit 1978 wird auf Juist regelmäßig ausgebildet. In diesem Jahr
haben die Berufsschule Emden und die IHK Papenburg verstärkt die Inselhotels
aller ostfr. Inseln gebeten, Ausbildungsplätze zur Verfügung
zu stellen. Nachdem man sich auf die Einführung eines Blockunterrichts
außerhalb der Saison geeinigt hatte, war dies für die Inselhotels
auch möglich. Im Hotel „Friesenhof“ zum Beispiel hatte man immer Auszubildende.
Zu Anfang ein oder zwei Juister Mädchen, die zur Hotelfachfrau ausgebildet
wurden. Heute sind es neun Auszubildende in drei Lehrjahren. Juister haben
immer noch den Vorzug. Da die Klassenverbände der Schulabgänger
der Inselschule aber doch recht klein sind, ist die Nachfrage von Juister
Seite nicht ausreichend, um alle Ausbildungsplätze zu besetzen. Durch
die Wiedervereinigung ist es aber kein Problem, die Plätze mit Hilfe
des Arbeitsamtes zu besetzen. Schwierig wurde die Ausbildungssituation
in der Gastronomie wieder mit der Einführung des .zweiten
Berufsschultages, sprich Verlängerung des Blockunterrichts. Heute
fehlt z.B. eine Auszubildende des ersten Lehrjahres in ihrem Lehrbetrieb
für über drei Monate! Wenn man dann noch den Urlaub und freie
Tage in Abzug bringt, bleibt übers Jahr nicht viele Ausbildungs- und
Arbeitszeit im Ausbildungsbetrieb über. Außerdem hat sich die
Vermietzeit in den Hotels sehr verändert. In der Vergangenheit war
es kaum ein Problem auf die Auszubildenden im Spätherbst und Winter
(ausgenommen Weihnachten) zu verzichten, da nicht sehr viele Gäste
nach Juist kamen. Heute kann ein Vermieter ganzjährig seine Zimmer
anbieten, dazu benötigt man natürlich auch Personal. Schwieriger
gestaltet sich die Ausbildung in einigen Handwerksberufen. Friseur z.B.
kann man leider nicht mehr auf Juist lernen, obwohl es zwei ansässige
Meisterbetriebe gibt. Aber wöchentlich zwei Berufsschultage machen
eine Ausbildung unmöglich. Der Auszubildende wäre im schlechtesten
Fall vier Tage, im besten drei Tage unterwegs.
Die Bemühungen eines Juister
Betriebs einen Blockunterricht im Friseurhandwerk einzuführen waren
nicht erfolgreich. Nach einer Umfrage fand man heraus, daß „nur“
die Inselbetriebe daran ein Interesse haben. Die Festlandsbetriebe müssen
ja auch nicht so lange auf ihre Auszubildenden verzichten, im Gegenteil,
diese können nach der Schule sogar noch in den Betrieb kommen. Bäcker(in)
und Bäckereifachverkäufer (in) kann man auf Juist lernen. Immerhin
sechs Ausbildungsplätze stellt die Bäckerei Remmers. Allerdings
wäre die Kooperation der Berufsschule sehr mager. Die Anfrage nach
einem Blockunterricht wurde auch auf Nachfrage von den Festlandskollegen
abgelehnt. Wenn, wie schon überlegt wurde, ein zweiter Berufsschultag
bei den Ausbildungsberufen Bäcker und Fachverkäufer eingeführt
wird, so muß Herr Remmers seine Ausbildungstätigkeit wohl aufgeben.
Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, seine Auszubildenden zu „verleihen“,
wie das ein Ausbilder im Einzelhandel praktiziert. Da seine Auszubildende
zur Verkäuferin bei zwei Berufsschultagen (Montag und Mittwoch) sehr
große Ausfallzeiten hat, arbeitet diese am Dienstag in einem Geschäft
am Festland. Mit den gleichen oder ähnlichen Problemen kämpfen
alle Ausbildungsbetriebe auf der Insel, als da wären Banken, Gemeindeverwaltung,
Steuerbüros, Heizungsbauer. Das liegt natürlich in der Hauptsache
an der Tideabhängigkeit unserer Insel. Manches würde sicherlich
einfacher, wenn für alle Berufe Blockunterricht eingeführt würde.
Allein die Kosten, die dem Ausbilder und dem Auszubildenden bei der ständigen
Fahrerei entstehen, sind immens hoch. Eine Übernachtung kommt in jedem
Fall zustande oder ein teurer Rückflug nach Juist. Es gibt Überlegungen,
ein Zusammenschluß aller Ausbilder könnte bewirken, zumindest
die Fahrt- und Flugkosten bei der Reederei für die Auszubildenden
zu dämpfen! Vielleicht gibt es sonst irgendwann für die Jugendlichen
gar keine Möglichkeit mehr ihre Ausbildung hier auf der Insel zu machen. |