Gespräch mit dem 
                       Bildhauer Bernd Bunk

               De Strandlooper: Du hast nun fast 30 
                  Jahre auf Juist gelebt. Vorher warst 
                  Du in Großstädten zu Hause, Berlin, 
                   Paris, London. Wieso hat es Dich 
                     gerade auf unsere Sandbank 
                            verschlagen?

                B.B.: Mir ist es in der Stadt einfach zu 
                eng geworden. Allein der Autoverkehr, 
                  der immer dichter geworden ist, die 
                         ständige Hektik, das 
                  Zusammenwachsen von Stadt und 
                   Land, sieh Dir nur die formlosen 
                Gebilde an, wie das Rhein-Main-Gebiet 
                 oder der Großraum Paris. Sie sind ein 
                  planloses Konglomerat von Wohn- 
                       und Industriesiedlungen. 

 
              De Strandlooper: Und da war Juist 
                    sozusagen „die rettende Insel“.

               B.B.: So ist es ! Ein Bildhauer nimmt ja 
                die Form seiner Umgebung besonders 
                     intensiv wahr. Form ist etwas 
                Endliches, Abgeschlossenes, aber sie 
                 strahlt hinaus in die Weite. An ihr wird 
                      die Unendlichkeit begrenzt.

                De Strandlooper: Kannst Du das ein 
                  wenig deutlicher ausdrücken? Auf 
                  Juist ist doch alles flach, bis auf ein 
                             paar Dünen.

                 B.B.: Geh an den Strand und schau 
                  Dir das Meer an, hier siehst Du wie 
                 Form geschaffen, wie Form verändert 
                  wird ... mit jeder Welle, die sich am 
                Strand verliert. Sie läßt Dich aber auch 
                   gleichzeitig das Gefühl der Weite 
                erleben. Sie ist hier am Endpunkt ihres 
                 Seins angekommen. So wie der Blick 
                 eine Form erleben kann, wenn er von 
                irgendwoher kommt und von der Form 
                  aufgefangen wird. Aber das führt zu 
                 sehr ins Theoretisch-Philosophische 
                      hinein. Auf Juist erlebst Du 
                 Form-änderungsvermögen - und das 
                 ist das deutsche Wort für Plastizieren.

                 De Strandlooper: Ist Dir die Insel als 
                 früherer Großstädter nicht manchmal 
                       auch zu eng geworden?

                 B.B.: Der Himmel über dem Wasser, 
                über Juist ist eines der letzten Wunder 
                 unseres Zeitenraumes. Wo kann man 
                    noch den ganzen nächtlichen 
                    Sternenhimmel sehen. Er ist am 
                   Strand noch nicht von Laternen 
                  angeleuchtet oder vom Lichtermeer 
                   der Stadt zurückgedrängt, nicht 
                   einmal Großbauten engen ihn ein. 
                 Oder schau Dir den Himmel am Tage 
                 an: diese unbeschreibliche Weite, der 
                 Formenreichtum der Wolken, wie eine 
                 schöne Form die andere ablöst. Ohne 
                 Bedauern verschwindet sie und wird 
                  durch eine neue ersetzt. Wenn beim 
                  Plastizieren nach großer Mühe eine 
                 respektable Form entstanden ist, wie 
                    hängen wir daran, möchten sie 
                     konservieren, fotografieren.

                    De Strandlooper: Wie bist Du 
                     eigentlich damals 1980 dazu 
                      gekommen, unseren alten 
                   Inselversorger, die „Fortuna“, zu 
                 kaufen und aus dem Rostdampfer ein 
                   wirklich schönes Segelschiff für 
                      Jugendreisen zu machen?

                 B.B.: Nun, wie kommt die Jungfrau 
                    zum Kind? Zum ersten ist‘s die 
                 Gelegenheit. Georg Janssen, Kapitän 
                  und Eigner der „Fortuna“, wollte in 
                  Rente gehen und bot mir das Schiff 
                 an. Zweitens war es die Aufgabe, die 
                 mich als Bildhauer faszinierte: Kann 
                 man mit seinen beiden Händen so ein 
                  Schiff von 40m ü.a. in den Zustand 
                       versetzen, daß es seiner 
                 ursprünglichen Bestimmung als Watt- 
                und Sundfahrer wieder zugeführt wird 
                    und unsere Küsten besegelt?
                    Manchmal muß man im Leben 
                 Umwege machen. Auch wenn die alte 
                      Dame „Fortuna“ für meine 
                  Bildhauerkarriere nicht gerade von 
                 Nutzen war, möchte ich die 12 Jahre 
                  Küstensegelei nicht missen. Nord- 
                 und Ostsee kenne ich sozusagen wie 
                   meine Hosentasche.... Und vielen 
                      Jugendlichen habe ich zu 
                unvergeßlichen Erlebnissen verholfen, 
                   aber auch zu Einsichten, daß die 
                 Existenz nicht nur aus Spaß sondern 
                   auch aus Verantwortung für den 
                Nächsten besteht und Arbeit auch mal 
                  Blasen an den Händen hervorruft.
                  De Strandlooper: Zurück zu Deiner 
                   Kunst! Verwendest Du für Deine 
                   Skulpturen noch immer V2A, also 
                 nichtrostenden Stahl, als Werkstoff?
B.B.: Nein, der Stahl ist mir heute zu 
                  hart. Überschüssige Jugendkräfte 
                 mußten sich an dem Eisen austoben. 
                  Zur Zeit arbeite ich mit klassischem 
                 Material, dem Ton. Von guten Sachen 
                 werden Bronzegüsse gemacht. Es ist 
                  ein Erlebnis, mit diesem gefügigen 
                        Werkstoff zu arbeiten.

                 De Strandlooper: Nebenbei hast Du 
                nun auch Lehrtätigkeit aufgenommen.

                    B.B.: Wenn man die Sechzig 
                    überschritten hat, und reichlich 
                      fachliche und menschliche 
                  Erfahrungen gesammelt hat, kann 
                  man, denke ich, anderen Menschen 
                 auch etwas sagen bzw. vermitteln. Es 
                     ist ja heute wichtig, nicht nur 
                    Fachkenntnisse zu vermitteln, 
                sondern auch menschliche Erfahrung. 
                  Das wird in unserem Bildungs- und 
                     Wirtschaftssystem leider oft 
                             vergessen.

                 De Strandlooper: Auf Juist gibst Du 
                     Plastizierkurse für Kurgäste.

                B.B.: Die ev. Kirche öffnet mir ihre Tür 
                    und gibt mir die Gelegenheit mit 
                     Kurgästen und Insulanern zu 
                 plastizieren. Ich versuche, Anfängern 
                  einige Grundlagen der Skulptur und 
                    des Plastizierens zu vermitteln; 
                  Fortgeschrittene möchte ich in eine 
                künstlerische Stabilität bringen, die sie 
                     befähigt für eine gewisse Zeit 
                selbstständig künstlerisch arbeiten zu 
                  können. Ein Wochenkurs ist dafür 
                      natürlich knapp bemessen. 
                     Dia-Vorträge über 5000 Jahre 
                     Skulpturgeschichte - von den 
                   Ägyptern zur Moderne runden die 
                              Kurse ab.
                    Außerdem gebe ich, soweit Zeit 
                    vorhanden ist, Einzelunterricht.

                De Strandlooper: Lieber Bernd, vielen 
                Dank, daß Du ein paar Gedanken über 
                 Deine Person und Deine Tätigkeit auf 
                  Juist für unsere Informationsschrift 
                          beigetragen hast.

Anmerkungder Internet-Redaktion:
Bernd Bunk lebt nicht mehr auf Juist
 
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